Wir kennen es alle. Die Momente, in denen wir uns wünschen, der Tag hätte 48 Stunden. Wir wissen nicht, wie wir alle möglichen Aufgaben erledigen sollen und gleichzeitig für ausreichend Schlaf sorgen. Leider wird Schlaf meist zuerst von der Agenda gestrichen.
Nicht genug Schlaf zu bekommen und trotzdem eine Möglichkeit der Regeneration zu haben, wäre fantastisch. Na, dann los. Diese Möglichkeit heißt Yoga Nidra – der yogische Schlaf.
Wenn ich schlafe wie ein Yogi, kann ich Schlaf nachholen?
Könnte man grob so stehen lassen, ja.
Wobei es wichtig ist, sich den Schlaf und die Gründe, warum er so existenziell für uns ist, einmal genauer anzuschauen.
Eigentlich müssten wir jeden Morgen aufstehen und Bäume ausreißen können. Aber oft sind es eben doch nur Sträucher. Also Gras, Gras geht. Meist. Das ist ein Zeichen dafür, das unser Körper nicht alle Äße, die der Schlaf im Ärmel hat, ausspielen konnte.
Während wir schlafen, reguliert und vitalisiert sich unser Körper nachhaltig. Es ist unsere ganz natürliche Biologie und Weisheit unseres Körpers, die im Schlaf in Aktion tritt. Alles findet seinen Platz, um den Körper gesund zu halten.
Booooooom
Es heißt 45 Minuten Yoga Nidra können so erholsam sein wie 3 Stunden Schlaf. Eine Studie aus Dänemark sagt, dass in 10-30 Minuten Yoga Nidra Praxis der Neurotransmitter Dopamin, welcher für die Kommunikation der Nervenzellen benötigt wird, wieder aufgefüllt wird. Dann kannst du wieder Bäume ausreißen.
Was sind die größten Vorteile, wenn ich regelmäßig Yoga Nidra übe?
- Stressabbau >> Entspannung
- Kreativität >> Potentialausschöpfung
- Fokus >> Merkfähigkeit
- Heilung >> Gesundheit
- Resilienz >> Selbstwirksamkeit
- Sinn >> Zufriedenheit
Yogis gehen davon aus, dass alles, was du bist und alles, was du um dich herum als Realität wahrnimmst, ein Abbild der inneren Stadien deines Seins ist. Wenn du das Außen verändern möchtest, musst du zu den inneren subtilen Stadien vordringen.
Yoga Nidra – Bedeutung und Hintergründe
Yoga: bedeutet Einheit. Einheit von Körper, Geist, Seele und „allem was ist“. Nidra: bedeutet Schlaf. Beide Begriffe kommen aus dem Sanskrit. Yoga Nidra hat seine Wurzeln, genau wie Yoga, in der Tantra Tradition.
Yoga Nidra basiert auf der Biologie des Schlafes. Du kannst den Zustand, in den dich Yoga Nidra führt, nicht „machen“. In Yoga Nidra kannst du dich hineingleiten lassen. Du musst nicht lernen, wie du dich schlafen legst, dein Körper weiß es bereits.
Wir wollen aber nicht schlafen in Yoga Nidra. Es ist ein Zwischenzustand zwischen Schlaf und Wachsein. Ein natürlicher Zustand den wir vor dem Einschlafen und nach dem Aufwachen haben. Ein hypnagogisches Stadium, „zum Schlaf führend“.
Leben im Einklang mit deinem Sinn
In unseren modernen Zeiten erleben wir sehr viel, was uns von unserem wahren Selbst trennt:
- Dauerhaft erhöhte Stresslevel
- Unterdrücken von Emotionen und Gedanken
- Keine Kreativität
- Kein Fokus
- Sinnsuche
Yoga Nidra hilft dir auf allen Ebenen zu arbeiten. Entspannung für Körper und Geist zu schaffen, deinen Herzensangelegenheiten Ausdruck zu verleihen und dein kreatives Potential wieder zu finden.
Den mentalen Tiger ziehen lassen
Unser System ist eigentlich dafür gemacht „nur“ 60-90 Sekunden in einem äußerst hohen Stadium des Stresses zu sein. Doch leider belasten wir unser System dauerhaft mit Stress, weil wir den mentalen Tiger nicht wieder ziehen lassen.
Der „Fight or Flight Modus“ war eine gute Sache, als wir noch vorm echten Tiger wegrennen mussten. Unser ganzes System ist dabei so in Alarmbereitschaft, dass wir enorme Kräfte freisetzen, die uns schützen. Auch heute noch können wir in Gefahrensituationen auf diese Reaktion zählen.
Jedoch suggerieren wir unserem Körper durch unseren mentalen Stress, es ginge ständig „um Leben oder Tod“. Es mag sich in enormen Druck- und Erwartungssituationen für uns vielleicht auch so anfühlen. Erst wenn die Gefahr vorbei ist, atmen wir wieder durch und denken wieder klar. Vorher ist das ganze System in Mitleidenschaft gezogen, Energie steckt fest und unsere Ordnung gerät aus der Balance.
Was passiert im Schlaf?
Schlaf beinhaltet Einschlafen, schlafend bleiben, Tiefschlaf und Aufwachen. Es gibt verschiedene Phasen im Schlaf in denen man unterschiedliche Hirnwellen messen kann.
Die Beta-Hirnwellen // Frequenzbereich 13-40Herz
Damit verbinden wir den Wachzustand, kognitives Denken, urteilen und entscheiden. Auf der 13-15 Herz-Welle surfst du in einem guten Arbeits-Modus. Alle physische Aktivität passiert hier, aber auch negative Emotionen wie Angst, Depression und Nervosität. Die natürliche Immunfunktion ist niedrig.
Die Delta-Hirnwellen // Frequenzbereich unter 4Herz
Diese Hirnwellen dominieren in der Tiefschlafphase. Ein Zustand, in dem Heilung und Selbstregeneration passiert und damit den erfrischenden Schlaf ausmacht. Es ist die non-REM-Schlaf-Phase, in der keine Träume stattfinden. Ruhe da oben! Mega.
Die Theta-Hirnwellen // Frequenzbereich 4-8Herz
Dieser Bereich ist der Dämmerzustand, der von vielen mentalen Bildern und Träumen begleitet ist – der REM (rapid eye movement) Schlaf.
Hier treffen wir auf unseren unbewussten Geist, der viele Erfahrungen gespeichert hat, aber nicht ins kognitive Denken abgegeben hat, z.B. weil wir es unterdrückt haben. Hier treffen wir auch auf immenses Wissen und unser kreatives Potential.
In diesem Zustand sind Menschen extrem lernfähig. Außerdem gelangen Veränderungen ungefiltert, ohne Bewertungssystem, in unser Unterbewusstsein und werden als wahr akzeptiert. Hinterfragen kommt normalerweise aus dem bewussten, logischen Teil unseres Geistes. Im Yoga Nidra sind wir offener und empfänglicher für alles tiefliegende Wissen.
Schlaf in den Yoga Sutren
Schlaf hat laut Patanjali, einem indischen Weisen, der die Yoga Sutren geschrieben hat, zwei verschiedene Bedeutungen:
- Schlaf ist eine aktive Veränderung/ Schwankung des Geistes, nicht das Bewusstsein selbst. Die Leere, die wir dort erfahren, ist erfüllt von der Erkenntnis der Abwesenheit.
- Schlaf ist eine Quelle reinen Wissens, wenn du tief genug in dich selbst eintauchst.
Wie leeren wir unseren Geist?
Stress kann physisch, psychisch oder emotional sein. Yoga Nidra wirkt überall. Es ist eine einfache Praxis, wo wir bewusst durch Körper, Geist und Atem wandern, so dass wir alles, was im Außen passiert, loslassen können.
Aus Angst bewertet zu werden oder in Konflikte zu geraten, zeigen wir uns nicht so wie wir sind. Wir unterdrücken viele Gedanken und Gefühle. In Yoga Nidra bekommen wir Zugang und schaffen ein Ventil aus dem Blick eines Beobachters und können uns in diesem Prozess loslösen.
Jede Nacht, wenn du dich schlafen legst, hast du eine Aufgabe: du musst deine Gedanken loslassen. Wenn das nicht passiert, wirst du nicht schlafen – Schlaflosigkeit und Schlafstörungen sind die Folge.
Wir leeren in Yoga Nidra stufenweisen den Geist, indem wir in die verschiedenen, immer tiefer führenden Hirnwellen eintauchen, bis wir die Gedanken ganz loslassen können.
Wir wollen die Sinne langsam immer mehr zurückziehen und bewusst nach innen wandern. Der letzte Sinn der „geht“, ist Hören, weshalb Yoga Nidra eine Audioübung ist. Dadurch surfen wir weiter in dem Zustand zwischen Schlaf und Wachsein. Die myoklonischen Zuckungen kennst du wahrscheinlich. Sie sind Teil des Abschaltmechanismus unserer Sinne.
Dein Geist ist nicht dein Gehirn. Wenn du einen positiven Gedanken in deinem Geist hast, kann der in deinem Gehirn gemessen werden. Diese Information wird mithilfe deines Nervensystems durch deinen ganzen Körper transportiert.
Yoga Nidra ist eine Übung, aber auch ein Bewusstseinszustand. Durch diese Erfahrung gelangst du in einen Erkenntniszustandstand, in dem du deinen subtilen Körper bewusst wahrnimmst, fühlst, wie sich die Energie durch deinen Körper bewegt.
Was brauche ich, um Yoga Nidra zu praktizieren?
- Einen Ruhigen Raum
- Eine angenehm harte Unterlage
- Eine Decke
- Einen Schal oder ein dünnes Kissen unterm Kopf
- Ein Tuch über deinen Augen
Wie sieht eine Yoga Nidra Praxis aus?
Wir beginnen in Shavasana oder Makarasana und lenken unsere Aufmerksamkeit auf den Atem. Sobald dein Atem langsam und regelmäßig ist, schaltet dein Körper in den Sicherheitsmodus, der „Rest&Digest Mode“, wo wir entspannen und verdauen.
Danach beginnt ein Ganzkörper-Scan und auch Imagination wird als Tool verwendet. Es gibt sehr viele geführte Yoga Nidra Übungen im Internet. Da findest du sicher eine Stimme und eine Anleitung, die dir besonders guttut.
Je mehr du Yoga Nidra übst, umso mehr kannst du dich selbst anleiten, was das Ziel ist. Dann kannst du dich noch mehr auf deine eigene Energie einlassen und dich von dieser führen lassen.
Du kannst Yoga Nidra gut am Morgen üben, wenn du das Gefühl hast, nicht genug geschlafen zu haben. Oder du versuchst es mal am Nachmittag, im Nachmittagstief.
Oder bevor du schläfst, um besser in die Tiefschlafphase zu kommen.
Yoga Nidra führt dich behutsam dahin, wo der Container leer ist – ein Prozess der Stille durch die verschiedenen Hirnwellen, immer tiefer. Das Schöne dabei ist, dass es mühelos passiert, weil der Körper bereits weiß, wie es geht.
Yoga Nidra beinhaltet Körper-, Atem- und Bewusstseins-Techniken. Vom denkenden Geist über den Kontakt mit der Energie deines Körpers kannst du über all diese Wahrnehmungen hinein in das Ich-Bin-Bewusstsein gleiten. Yoga Nidra ist somit auch eine gute Vorbereitung für die Meditation.
Wer kann Yoga Nidra praktizieren?
Jeder.
- Kinder haben einen offenen Geist und können sehr davon profitieren Yoga Nidra zu üben.
- Schwangere brauchen sehr viel Erholung und Balance der Hormone, was durch Yoga Nidra erreicht werden kann.
- Auch Unternehmern, die wirklich gestresst sind und auf höchstem Niveau Leistung erbringen müssen, kann Yoga Nidra helfen, fokussierter zu sein, merkfähiger, kreativer und entspannter.
- Sportler können Yoga Nidra praktizieren, denn es hilft Schmerz zu verarbeiten und entspannt nach einem harten Training.
Sankalpa
Ein Schlüsselaspekt von Yoga Nidra ist Sankalpa, deine Intension. Viele von uns leben ihr Leben ohne Intension oder Sinn/Zweck. Mithilfe von Yoga Nidra kommen wir unserem Zweck der Existenz näher. Wenn wir unserer Leben mit Intension, Zweck und in Harmonie leben, finden wir Erfüllung in allen Aspekten – beruflich, persönlich, spirituell und sozial.
Warum kommt es z.B. zu Rückenschmerzen im Yoga Nidra?
Wenn feststeckende Energie wieder in Bewegung kommt, z.B. aus unterdrückten Erinnerungen, beginnst du diese wieder zu fühlen. Manchmal hilft es dir eine kleine gerollte Decke unter die Knie zu legen, um deinen unteren Rücken zu entlasten und dich trotzdem weiter auf die Entspannung einzulassen.
Yoga Nidra, der Göttliche Schlaf
Yoga Nidra ist nicht nur ein normales Visualisierungstraining. Es ist Entspannung ins Unbekannte. Du erlaubst der Weisheit des Körpers mit der Energie zu interagieren, sie kennenzulernen und dann zusammenzuarbeiten. Mit Übung funktioniert diese Zusammenarbeit immer länger und intensiver.
So bewusst, bist du in der Lage, den Energiefluss in deinem Körper zu lenken und in tiefe Entspannungszustände mit deinem Energiekörper zu kommen. Du kannst zum bewussten Erschaffer werden. Wenn du bewusst erschaffst, hat das Auswirkungen auf deine physische, psychische und emotionale Realität, auf dein ganzes Leben, auf deine Gesundheit.
Du kannst beginnen dir auszusuchen welchen Impuls, welche Gewohnheit du größer werden lassen willst und wo du Nein sagst. Du kannst deine Reaktionen auf das Leben bewusster ausführen. Es passiert nicht mehr automatisch und impulshaft. Yoga Nidra kann eine sehr therapierende, heilende Erfahrung sein.